Stellungnahme zum „Verbot“ von mehrgeschlechtlichen Sonderzeichen
Das DHSS setzt sich für Diskriminierungsfreiheit und eine inklusive Sprache ein und trägt die Stellungnahme des Interdisziplinären Zentrums Gender – Differenz – Diversität (IZGDD) vollumfänglich mit:
„Seit Inkrafttreten wird über das Verbot und dessen Ausmaß dergestalt berichtet und kommuniziert, dass es an vielen Stellen zu Verunsicherungen kommt. Das Verbot wurde in § 22 Abs. 5 Nr. 2 AGO (Allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats Bayern) eingeführt und gilt ausschließlich für den dienstlichen Schriftverkehr und die Normsprache. Forschende und Lehrende sind damit allein in der Ausführung von Verwaltungsaufgaben an das Verbot gebunden. Auf die Forschung und Lehre hingegen darf sich das Verbot aufgrund der verfassungsrechtlichen Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre nicht auswirken, worauf die Universitätsleitung in einer Rundmail und einer Handreichung auch hingewiesen hat (vgl. hier). In Vorlesungen, Seminaren und Publikationen dürfen entsprechende Sprachformen weiterhin verwendet werden. Das Verbot hat also einen deutlich engeren Anwendungsbereich, als häufig kommuniziert und verstanden wird. Dennoch ist es unserer Ansicht nach aus rechtlichen, linguistischen und gesellschaftlichen Gründen klar abzulehnen.
Im Oktober 2017 urteilte das Bundesverfassungsgericht, das Fehlen einer Geschlechtsoption im Personenstandsregister für nicht-binäre Personen verstoße gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie gegen das Diskriminierungsverbot. Damit wurden die Rechte von Personen, die sich nicht in binären Kategorien in Form von ‚männlich‘ und ‚weiblich‘ identifizieren, wesentlich gestärkt. Dieser rechtliche Schutz muss auch auf sprachlich-kommunikativer Ebene berücksichtigt werden. Ein Verbot von Formen, die mit den entsprechenden Sonderzeichen (Asterisk, Doppelpunkt, Unterstrich etc.) gebildet werden, verletzt die Rechte nicht-binärer Personen aus unserer Perspektive auf unzulässige Weise: Durch das Verbot werden die Möglichkeiten stark eingeschränkt, nicht-binäre Personen korrekt an- und korrekt über sie zu sprechen. Damit wird ein wesentliches Mittel für eine diskriminierungsfreie Kommunikation, die nicht nur einzelne Themen- und Forschungsbereiche, sondern das gesamte universitäre Miteinander betrifft, genommen. Den Mitgliedern von Schulen, Hochschulen und Behörden – die im Übrigen auch durch das Grundgesetz zu Diskriminierungsfreiheit verpflichtet sind – sollte die Freiheit, wie sie durch Sprache Gleichbehandlung ausdrücken möchten, weiterhin selbst überlassen sein. Das genannte Verbot bewirkt gerade das Gegenteil und geht sowohl an der rechtlichen als auch an der komplexen gesellschaftlichen (Geschlechts-)Realität vorbei.“
Stellungnahme des IZGDD vom 24. Mai 2024